Cigan

Cigan – von uns meist „Cingi“ genannt – warst Du ein krippendürrer Hund mit ängstlicher Haltung und von Milben zerfressenen Ohren. Du hast Dich immer in unmittelbarem Körperkontakt mit Deiner Freundin Rosalinde bewegt und anfänglich nur geschlafen. Dann plötzlich kehrten Deine Lebensgeister wieder, Du hast zu spielen gelernt und eine „wichtige“ Aufgabe übernommen, nämlich zu melden, ob sich Tinki – die Katze – im Haus befand. Denn wenn sie draußen war, konntest Du Dir ein Schläfchen am Sofa gönnen.
Als uns nach nur einem Jahr Rosalinde verließ und uns nach drüben vorausging, warst Du – so wie wir – untröstlich, hast nichts gefressen und fast ausschließlich geschlafen. Dann aber kam Visnija zu uns – eine kleine verstümmelte und hinkende Hündin, der ein Ohr fehlt und die zunächst genauso ängstlich war wie Du am Anfang. Da hattest Du nun wieder eine Aufgabe, die Deinen Lebensgeist nochmals erwachen ließ. Du musstest ihr beibringen, wie sich ein entspannter und zufriedener Hund verhalten darf und schon bald habt ihr euch das Sofa geteilt.
Aber die Dir zugemessene Zeit begann abzulaufen. Nicht nur, dass Du taub wurdest, verließ Dich auch Dein Augenlicht. Allerdings hat Dir Deine Nase geholfen, Dich noch immer gut zurechtzufinden. Dann begannen aber auch Deine Beine Dir immer öfter den Dienst zu versagen. Im vergangenen Winter glaubten wir schon, dass Du endgültig aufgibst und Rosalinde nachfolgen willst, da Du nicht mehr ins Haus gekommen bist und sogar beim ersten Schnee unter einem Strauch zugeschneit die Nacht verbracht hast. Auch als ich Dich hineingetragen habe, wolltest Du nicht drinnen bleiben. Nach drei bangen Tagen, an denen Du auch nichts mehr gefressen hast, hat Visni Dich dann doch noch mal ins Warme gelockt und Du bliebst noch bis zum Sommer bei uns. Dann aber hat Rosalinde dich endgültig nach drüben gerufen, wahrscheinlich hast Du ihr gefehlt. Auch uns fehlst Du und wir werden Dich niemals vergessen.